Innerdeutsche Grenze

Mit der Gründung beider deutscher Staaten im Jahr 1949 wurde der Verlauf der Grenzziehung zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland die unverrückbare Schnittstelle der unterschiedlichen Ost-West-Weltanschauungen.

Im Jahr 1952 wurden bereits unter Nachdruck der Sowjetunion erste Sperranlagen auf dem DDR-Territorium errichtet. In der Polizeiverordnung der DDR vom 26. Mai 1952 war bereits die Einführung eines Grenzgebiets mit Sperrzone und Schutzstreifen entlang der Demarkationslinie vorgesehen. In dieser Zeit, bis ca. 1955 kontrollierten noch sowjetische Soldaten in Verbindung mit der Deutschen Grenzpolizei der DDR den Grenzverlauf.

Seite 13Neben eher provisorischen Sperrgräben oder Bretterverschlägen wurden erste Beobachtungstürme aus Holz errichtet. Unmittelbar am Grenzverlauf erfolgten erste Rodungs- und Baumfällarbeiten. Ein ca. 10 Meter breiter Geländestreifen wurde zu Kontrollzwecken angelegt. Dieser sogenannte 10-Meter Streifen sollte ein möglichst freies Sicht- und Schussfeld darbieten. Auch Farbmarkierungen und erste Warn- sowie Hinweistafeln in Richtung Westen wurden angebracht. 

Anlegen des 10-Meter-Kontrollstreifens.
Quelle: Grenzlandbildstelle

 

In den 1960 Jahren erfolgte dann der lückenlose Ausbau des Grenzstreifens mittels Zaunanlagen aus Metall, auch erste Beobachtungstürme in Betonbauweise sowie Bunkeranlagen kamen hinzu.
Im Gelände erfolgten zahlreiche Schanztätigkeiten. So errichteten DDR-Grenzsoldaten in den Jahren 1961/1962 anlässlich des Mauerbaus in Berlin und der Kubakrise Feldwachen sowie Ausweichstellungen für die Truppen. Der Hintergrund dieser umfänglichen Bautätigkeiten im Gelände findet sich in der von der DDR-Führung befürchteten kriegerischen Reaktion des Westens auf Mauerbau und Kubakrise. Es erfolgte im September 1961 die Umbenennung der Deutschen Grenzpolizei in „Kommando Grenze der Nationalen Volksarmee“.

Die 1970er Jahre waren durch einen schärferen Umgangston seitens der DDR-Führung geprägt. Es wurden allerdings auch zahlreiche deutsch-deutsche Verhandlungen auf politischer Ebene durchgeführt. So kam es 1972 zum Grundlagenvertrag mit eingeschränkten Reisemöglichkeiten. Auch wurden Grenzübergangsstellen für PKW sowie für den Schienenverkehr errichtet.

Mitte der 1970er Jahre nahm auch eine gemeinschaftliche Grenzkommission ihre Arbeit auf. In diesem Zusammenhang wurde der Grenzverlauf neu beschrieben, vermessen und mit Grenzmarkierungen versehen. Im Rahmen dieser Tätigkeiten wurde von den Ost- und Westdeutschen Vermessungsfachläuten der Grenzverlauf mit 1393 Kilometer Länge angegeben. Im Verlauf der innerdeutschen Grenze kam es in dieser Zeit auf dem Gebiet der DDR zu umfänglichen Modernisierungsmaßnahmen.

Unbenannt11Auch die militärische Führungs- und Sicherungsstruktur der DDR-Grenztruppen wurde verändert und den politischen Vorgaben zur konsequenten Abrieglung des sogenannten „Antifaschistischen Schutzwalls“ angepasst. Im Februar 1974 kam es nun zur Umbenennung des Kommandos Grenze der Nationalen Volksarmee in Grenztruppen der DDR. Die DDR-Grenzstaffelung umfasste in den 1980er Jahren durchwegs ein Grenzgebiet mit ca. 5 Kilometer Sperrzone.

Darstellung der DDR-Grenzstaffelung, Stand: 1988.
Quelle: Bundesgrenzschutz (Zum Vergrößern anklicken.)

 

Die Kontrolle der Sperrzone unterlag der Deutschen Volkspolizei Abteilung Grenze. Diese speziell geschulten Polizeikräfte kontrollierten die Schnittstelle des Grenzgebiets zum Inland der DDR nach ausgeklügelten Einsatzvarianten. Hierbei konnten auch die Schutzhundestaffel der Volkspolizei, oder die Kriminalpolizei zum Einsatz kommen. Auch die DDR-Transportpolizei machte bereits noch weiter im Inland der DDR, z.B. auf Bahnhöfen gezielte Personenkontrollen. Jedes unerlaubte Betreten oder Befahren der Sperrzone war verboten, Verstöße wurden polizeilich verfolgt und standen unter Strafe.

GrenzsignalzaunDer Sperrzone folgte in Richtung Grenzverlauf der Grenzsignal- und Sperrzaun. Dieser hochsensible Elektrozaun ummantelte den sogenannten Schutzstreifen. Der Schutzstreifen, welcher einer militärischen Hochsicherheitszone glich wurde von Soldaten der DDR-Grenztruppen akribisch kontrolliert und überwacht. Der Schutzstreifen umfasste ca. 500 Meter in der Tiefe und durfte nur in Ausnahmen betreten und befahren werden. Alle weiteren unerlaubten Übertritte wurden von den DDR-Grenztruppen verhindert. 

Grenzsignal- und Sperrzaun mit Tor.
Quelle: Grenzlandbildstelle

 

Laut Anweisung der DDR-Führung waren Grenzverletzer in letzter Konsequenz zu vernichten. Es bestand Lebensgefahr! In diesem militärisch aufgebauten Geländestreifen standen Beobachtungstürme verschiedener Ausführungen aus Beton, Erdbeobachtungsbunker, Hundelaufanlagen, Erdstellungen zur Aufklärung und Verteidigung sowie eine ganze Reihe von militärischen Signal- und Kontrollanlagen. Im unmittelbaren Zusammenhang zur tatsächlichen Grenzlinie erstreckte sich nun ein ca. 6 Meter breiter Spurensicherungsstreifen, der Kfz-Sperrgraben, die Zaunanlage, sowie das Minenfeld. Den Abschluss der Grenzaufbauten in Richtung Westen bildete das vorgelagerte Hoheitsgebiet, hier standen auch die markanten DDR-Grenzsäulen. Der tatsächliche Grenzverlauf war von der DDR-Seite mit Grenzsteinen aus Granit, diese trugen die einseitige Aufschrift DDR, versehen.

Auch die sowjetischen Soldaten (GSSD) machten ihre Ansprüche als Sieger des II. Weltkriegs im Verlauf der innerdeutschen Grenze geltend. So wurden schon in den 1960er Jahren Holztürme und Aufklärungsbunker mit Feldstellungen im Bereich der Grenzlinie erbaut. Als Standort wählten die verantwortlichen durchweg exponierte Lagen meistens noch außerhalb des DDR-Grenzgebiets. Diese sowjetischen Militäranlagen wurden bis Ende der 1980er Jahre ständig erweitert und zur Feindaufklärung genutzt.

Auch auf der Seite der Bundesrepublik Deutschland erstreckte sich die innerdeutsche Grenze. Die Bundesländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen und Bayern hatten Anteil am Grenzverlauf.

Seite 86In den Jahren bis 1949/1950 kontrollierten noch unterschiedliche Polizeieinheiten (diese waren teilweise von denn westalliierten Siegermächten eingesetzt) den westlichen Teil der Zonengrenze. Mit dem Jahr 1952 erfolgte dann die Gründung eines Bundesgrenzschutzes. Dieser sollte alle Aufgaben der Grenzkontrolle und Sicherung am deutsch-deutschen Grenzverlauf wahrnehmen. Am Grenzverlauf wurden Farbmarkierungen und erste Warn- und Hinweistafeln angebracht. Auch der Zollgrenzdienst kontrollierte den Bereich der innerdeutschen Grenze mit eigenen Spezialkräften. 

Grenzinformationspunkt mit Farbmarkierungen und Warntafeln.
Quelle: Grenzlandbildstelle

 

Das Bundesland Bayern hatte einen Sonderstatus in Verbindung mit der Grenzkontrolle auf ihrem Territorium. So unterhielt Bayern eine eigene Grenzpolizei. Diese war Teil der Landespolizei und regelte polizeiliche Aufgaben bis ca. 30 Kilometer in das Landesinnere Bayerns.
In den 1980er Jahren waren entlang der westlichen Landesgrenze Informationspunkte mit Hinweistafeln und Grenzmarkierungen aus Kunststoff angebracht. In den Bundesländern Schleswig- Holstein, Niedersachsen und Hessen wahren die Kunststoffmarkierungen mit einem rot-orangenen Kopf versehen. Im Bundesland Bayern fanden sich zusätzlich identische Markierungen mit blauen Kopfteil.

In den grenznahen Gemeinden konnten noch Grenzinformationsstellen errichtet gewesen sein. Diese wurden in erster Linie von engagierten Personen oder von den Beamten des Bundes und der Länder betreut. Auch Aussichtstürme für den „Blick nach drüben in die Zone“ gab es. Von hier aus konnten Grenzwanderungen und Führungen zumeist beim Zollgrenzdienst arrangiert werden.

Auch die Westalliierten Streitkräfte unterhielten spezielle Truppenverbände zur Kontrolle und Aufklärung in Richtung zur DDR. Grundsätzlich sollten die Grenztruppen der DDR durch diese westalliierte Militärpräsenz nicht provoziert werden.

m551m113a1border79ic9 Am deutsch-deutschen Grenzverlauf der Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen wahren Soldaten der britischen Rheinarmee mit der Grenzaufklärung befasst. Diese waren zumeist in Verbindung mit den westdeutschen Kontrollorganen tätig. Frankreich unterhielt keine eigenen Truppenverbände am deutsch-deutschen Grenzverlauf. Die amerikanischen Streitkräfte hatten militärische Sondereinheiten teilweise unmittelbar am Grenzverlauf zur DDR in den Bundesländern Hessen und Bayern stationiert.

Amerikanische Panzerverbände, unmittelbar am Grenzverlauf
zur DDR. Quelle: Grenzlandbildstelle

 

Hinweis zur Denkmalforschung

Die baulichen Hinterlassenschaften am ehemaligen deutsch-deutschen Grenzverlauf nehmen einen besonderen Status innerhalb der denkmalhistorischen Entscheidungsfindung ein.

Gerade unter dem Aspekt, dass so gut wie in jedem der ehemals 58 Grenzabschnitte und Berlin noch aussagefähige Reste der umfänglichen DDR-Grenzstaffelung zu finden sind machen die Denkmalforschungen innerhalb dieser Thematik so einzigartig.

Zu den Baudenkmalen zählen hierbei; Anlagen und Gebäude der Deutschen Volkspolizei-Grenze und dem DDR-Zoll. Sowie alle militärischen Sperr-, Kontroll- oder Unterkunftsbereiche der DDR-Grenzkontrollorgane. Diese können Kasernen, Zaunanlagen, Bunker, Beobachtungs- und Führungstürme, Fahrwege sowie Grenzmarkierungen sein. Auch Baulichkeiten, welche zu Fluchtversuchen aus der DDR genutzt wurden zählen zu dieser Thematik. Feldstellungen sowie Gebäude und Bunkeranlagen der alliierten Streitkräfte, welche mit der Grenzkontrolle befasst waren sind dieser Denkmalsparte zuzurechnen. Auch das Ministerium für Staatssicherheit hatte mit eigenen Angehörigen einen Anteil an der umfänglichen Westaufklärung unmittelbar am Grenzverlauf. Diese spezifischen Baulichkeiten, z.B. Erstellung sind dieser Denkmalsituation zuzuordnen.

Einen denkmalhistorisch Aussagekräftigen Status bilden im Verbund zu den Baudenkmalen erhaltene Bodendenkmale.

Diese Erdstellungen, Sperrgräben sowie Grenzmarkierungen geben Aufschluss über die Aufgabenstellung und Wirkungsweise der umfänglichen militärischen Grenzsicherungsvorgaben der DDR.

Im Gesamtbild sind nur in Verbindung mit diesen Archäologischen Sachzeugnissen der stetige Wandel sowie die unmenschliche Wirkungsweise der DDR-Sperranlagen ab den frühen 1950er Jahren bis zur politischen Wende im Jahr 1989 nachvollziehbar.

Auch am westlichen Grenzverlauf finden sich noch Zeugnisse der Grenzkontrolle.

Hier sind es in erster Linie Grenzmarkierungen sowie touristische Einrichtungen wie z.B. Aussichtstürme, welche denkmalhistorisch in die Gesamtüberlegungen eingebracht werden sollten.

Zu den oberirdischen und unterirdischen baulichen Zeugnissen im Verlauf der ehemaligen innerdeutschen Grenze gibt es zahlreiche Forschungsmaterialien und Publikationen.

Im Zuge der umfänglichen und tiefgründigen Denkmalforschungen am ehemaligen Verlauf der innerdeutschen Grenze und Berlin wurde bereits vor Jahren die Grenzlandbildstelle mit themenbezogenen Archiv realisiert. Durch die Eröffnung digitaler Speicher- und Kommunikationsmöglichkeiten steht heute auch eine Grenzlanddatenbank zur Verfügung.

Praktischer Denkmalschutz sowie der Umgang mit der gewissenhaften Pflege am historischen Erbe der deutschen Teilung kann im Rahmen von Führungen an ausgewählten musealen Stätten vermittelt werden.

Information hierzu unter: www.deutsch-deutsches-freilandmuseum.de